21-22 in D und E

2021 – 2021 Eine Zeit der Findung und des Neubeginns

Viel ist passiert, seit wir den Wald verlassen haben. Wachstum und Veränderung. Wieder und wieder. Unter Herzschmerz und Tränen haben wir unsere Pferde verkauft. Die Reise konnte nicht weiter gehen und mit den Pferden sahen wir keinen Weg weiter zu kommen, ohne uns dabei extrem einschränken zu müssen.

Aus der Wanderschaft wurde Sesshaftigkeit. Zu erst ganz einfach: Lagerfeuer zum Kaffe Kochen am Morgen, Wasser an der Handpumpe holen und zum Baden auf dem Feuer erhitzen. Aufstehen mit der Sonne, schlafen gehen, wenn die Kerzen im Bauwagen herunter gebrannt sind.
Peer fing bald an, wieder als Handwerker zu arbeiten, Elena ging wieder zur Uni. Eine unwirkliche Zwischenwelt, zwischen Moderne und Altertum. Zwischen Natur und Stadt, zwischen Mann und Frau. Der Weg der Mitte?
Eine ganze Weile finden wir hier unsere Bestimmung. Wir fühlten uns ein bisschen wie Hänsel und Gretel, die nach dem Irren durch den Wald auf eine Lichtung stoßen, wo sie ein einfaches Leben beginnen. Im Kreislauf mit der Natur: das Holz aus dem Wald, das Wasser aus dem Brunnen. Viel Zeit zum Fühlen, viel Raum zum Träumen. Wir fliegen hoch und fallen tief. Versuchen zu verstehen, zu begreifen, was da ist zwischen Mann und Frau. So nah und so fern, so anders und so gleich. Fühlen den Streit der Welt in uns vereint und glauben zu verstehen: die Lösung liegt so nah: In unsrem eignen Herz!
Wie schwer kann es sein, die Waffen nieder zu legen ? Wir träumen vom Leben in einer Gemeinschaft auf dem Platz, den wir hüten dürfen. Legen Gärten an, die eine Großfamilie versorgen könnte, Bereiten das Land für Ziegen und Hühner vor und vielleicht bald auch wieder Pferde.

Doch so leicht wird es uns nicht gemacht. Wir dürfen nicht bleiben. Müssen weiter ziehen. Wieder fühlen wir uns in die Enge getrieben. Wissen nicht vor und nicht zurück. Damit es weitergehen kann, müssen wir uns verändern. Ein neues Leben, ein neues Selbst.

Mit dem „Normalen“ Leben wollen wir uns nach wie vor nicht anfreunden. Deshalb beziehen wir erst eine Jurte mitten in Berlin zur Zwischenmiete als Übergangslösung, bis sich der nächste Schritt offenbart.
Wir tauschen eines unserer Tipis gegen eine Kleingartenparzelle auf der anderen Seite von Berlin. Ein Leben ganz nah bei der Natur aber in sehr viel geregelteren Bahnen.

Noch immer kommt das Wasser aus der Pumpe, die arbeitet jetzt aber mit Strom und bringt das Wasser durch einen Schlauch direkt an Ort und Stelle. Wasser in der Schubkarre über die Wiese fahren gehört der Vergangenheit an, juchhu! Sogar in unserem kleinen Steinhäuschen haben wir jetzt Strom. Eine echte Revolution! Der alte Laptop wird entstaubt und darf jetzt abends als DVD Spieler dienen.
Das Dach ist kaputt. Peer wächst über sich hinaus und macht aus dem löchrigen Asbest Dach, Viel Blut, Schweiß, Tränen und einem verbogenen Fahrradkorb, das schönste Dach der ganzen Kolonie! Das einzige Ziegeldach, gedämmt und für die Ewigkeit gemacht.
Wir erfreuen uns wieder am Gärtnern, machen Fahrradausflüge zum See, Tauschen Gemüse mit dem Nachbarn. Peer Arbeitet hier und da, Elena Studiert. Ein einfaches Leben aber zufrieden und voller kleinen und großen Freuden.

Doch so leicht wird es uns nicht gemacht. Wir können nicht bleiben. Müssen weiter ziehen. Wissen nicht vor und nicht zurück. Näher zu unserer Familie soll es sein. Richtung Zuhause zurück soll es sein. Wo auch immer das ist. Damit es weitergehen kann, müssen wir uns verändern. Ein neues Leben, ein neuer Mensch.

Ein Kind möchte sich auf den Weg in unser Leben machen. Es bringt neue Wege mit sich, neue Türen aber auch neue Ängste.
Fest steht: Unser Kind soll nicht in einer Kleingartenkolonie zur Welt kommen, um uns herum eher gruselige Nazis statt Freunde und Verwandte.
Wir Tauschen unseren geliebten Garten in einen Bulli um.
Es geht zurück zum Start. Dahin wo alles angefangen hat. Der Pferdehof in Groß-Umstadt. Hier haben wir uns vor genau zwei Jahren kennengelernt, hier hat unsere Reise Angefangen. Vielleicht würfen wir hier wieder ankommen. Ruhe finden, Familie werden.

Doch so leicht wird es uns nicht gemacht. Wir wollen nicht bleiben. Möchten weiter ziehen. Wir fühlen uns unverstanden, fehl am Platz. Werden von den Ängsten Anderer überschüttet. Ihre Grenzen sollen unsere sein. Doch das sind sie nicht. Wir glauben an eine heile Welt! Wir glauben, dass es besser geht! Dass wir die Waffen endlich niederlegen können. Damit es weitergehen kann, müssen wir uns verändern. Ein neues Leben, ein neues Selbst.

Wir brechen die Zelte ab, die wir gerade erst aufgebaut haben. Mit der Hoffnung, etwas zu finden das uns näher ist. Etwas, das sich mehr nach „Zuhause“ anfühlt.

Peer hat eine starke Beziehung zu Gott. Zur Hand, die ihn sicher durchs Leben leitet. Er weiß, dass ihm nichts mangeln wird. Ich tue mir da noch etwas schwer. Die Beziehung ist noch jung, das Vertrauen muss noch wachsen. So ringe ich mit meinen Ängsten, worunter wir alle leiden. Schwanger mit dem Bulli durch Europa eine aufregende Reise, die ich mehr mit Ängsten verbringe als mit Genießen. Doch ich Vertraue Peer, lasse mich von ihm in den Süden Europas entführen, auch wenn ich noch nicht verstehe wofür.

Er hat davon erzählt und es gibt sie wirklich: Menschen, die frei vom System in der Natur zusammen leben. Frauen, Männer, Kinder. Jeder baut sich seine eigene Hütte am Platz, der ihm am besten Gefällt. Wer gerne backt, backt. Wer gerne baut, baut. Wer gerne singt, singt. Wer gerne heilt, heilt. Es gibt Hebammen, Schamanen, Schokobäcker. Alles was man so braucht. In einer sich selbst organisierenden Gemeinschaft.
Wir überlegen, uns dort nieder zu lassen. Die Einladung steht. Doch die Hand, die uns leitet lässt uns weiter gehen, vorerst getrennte Wege. Zwischen uns stehen zu viele Ängste und Zweifel.

Peer fliegt nach Teneriffa. Ich gehe auf den Jakobsweg um wieder zu mir, zu meinem Urvertrauen zu finden. Den Ängsten ins Gesicht zu blicken, um sie zu verwandeln. Mich aufs Muttersein vorberetien. Peer derweil gibt sein Bestes, mir jeden Grund zum Angst haben zu nehmen. Wandert über, unter und um die Insel des ewigen Frühlings herum, um zu sehen, ob er Arbeit findet und ein Zuhause für die kleine Familie, die wir werden wollen.

4 Wochen und 400km pilgern später, sagt der Bauch: es ist genug, du musst auch niemandem etwas beweisen! Und Peer hat bewiesen: auf Teneriffa gibt es ein Leben für uns! Ich schnappe also Bulli, Hund und Rucksack und mach mich mit der Fähre auf den Weg von Süd Spanien über den Atlantik bis runter auf höhe der West Sahara.

Der nächste Schritt unserer Evolution ist dann eine Finca mit Meer -und Vulkan Blick im Paradies, wo andere Urlaub machen. Mit Orangenbaum im Garten und einem Weinberg nebenan. Ein warmes Nest, in dem unser kleines Küken landen darf. Eine natürliche Hausgeburt, die für uns alle extrem und transformierend war. Wir heißen Rosemarie bei uns willkommen! Und das allein zeigt mir: es war richtig, Peer zu vertrauen. Es war richtig, hinter uns zu lassen, was sich nicht gut anfühlt. Und es stärkt mein Vertrauen in eine höhere Macht, die einen Plan hat, den wir oft nicht verstehen, der aber immer für uns sorgt. Der uns führt, wenn wir vertrauen haben. Der und beschenkt, wenn wir dankbar sind.

Und diese höhere Macht will uns jetzt allen Ernstes erzählen, dass wir nach Kalifornien gehen sollen. Jetzt wo wir so ein traumhaftes Zuhause haben, einen sicheren Raum für unser kleines Mädchen. Jetzt wo wir- so ganz nebenbei eine Baufirma aufgebaut haben mit einem spitzen Netzwerk und mehr Kunden als wir bedienen können. Peer arbeitet sich die Hände wund. Wir verstehen nicht warum, aber stets mit dem Ziel „Kalifornien“ vor Augen.

Doch wir glauben an eine höhere Macht, dessen Werkzeuge wir zu sein, Versprachen. Unser Beitrag für eine Welt in Liebe und Harmonie. Wir verstehen selber nicht, was wie, warum? Aber wir vertrauen, dass es gut ist. Genau wie die Reise mit dem Pferden: wir sind einfach unserem Herzen gefolgt. Im Vertrauen, dass wir es wert sind, unsere Träume zu verwirklichen. Und damit haben wir- ohne zu verstehen was? wie? Warum? Hunderte Menschen berührt. Kleinen und großen Kindern auf der Straße ein Lächeln ins Gesicht gezaubert und ein Bild hinterlassen, dass sich so schnell nicht vergessen. Auch wenn es völlig unwirklich, fast surreal wirkt: Man kann aufhören, seine Träume nur zu träumen. Man kann aufstehen und sie in die Tat umsetzen.

Davon profitiert man nicht nur selbst, sondern es ist eine Verantwortung, die wir übernehmen für eine glücklichere Welt. Erfüllt von Menschen, die es sich wert sind, ihre verrücktesten Kindheitsträume zu verwirklichen. Dann gibt es keinen Grund mehr für Neid und Habgier und wir tragen unseren Teil zur Verwirklichung eines höheren Plans bei. Wir können die Waffen, die wir gegen uns selbst erhoben haben endlich nieder legen.

28.11.2022

Etwa ein halbes Jahr haben wir auf Teneriffa in unserer eigenen kleinen Finca gelebt. Wir haben dort so viel gelernt. Haben ein Kind bekommen, ein Leben und ein Unternehmen aufgebaut. Doch ein Vulkan ist kein Lebensraum für die Ewigkeit. Zumindest nicht für uns. Und im Fall von Teneriffa auch für sonst keine größeren Land-Säugetiere. Es war ein Ort zum Ankommen, Wachsen und Entstehen, nicht zum Bleiben. Dass es uns so bald weiter zieht hätten wir nicht gedacht. So ein Traumhaftes Zuhause, so ein angenehmes Klima, so viele liebenswerte Menschen, so eine fröhliche Kultur! Doch alle Zeichen sprechen fürs „Weiterziehen“: Der nächste Schritt wird ein ganz großer. Die Aufregung macht sich langsam Breit, das Ziel kommt näher, die Welt wird kleiner!


Am Ende passiert immer alles auf einmal… Die letzten Tage bevor unsere Fähre zurück aufs Festland geht, laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren. Haus ausräumen, Sachen packen, Freunde verabschieden, Garten ernten, Bank- und Steuerangelegenheiten klären, Werkstattbesuche und ganz nebenbei schiebt Peer Doppelschichten auf der letzten großen Baustelle, die einen ziemlich engen Zeitplan hat. Gefühlt rennen wir 24 stunden am Tag, und neben bei noch liebevolle, ruhe ausstrahlende Eltern sein.
Am Tag vor Abfahrt ereilt uns die Schreckensnachricht, dass unser geliebter Schorsch (unser Bulli) auf Grund eines Zylinderschadens die Reise nicht antreten kann. Das haut uns erstmal komplett aus der Fassung, da alle Pläne auf dem Bulli aufgebaut sind!
Aber was sollen wir machen, es muss weiter gehen, Stillstand ist Rückschritt. Innerhalb der letzten 24 Stunden ziehen wir also nicht nur aus unserem Haus aus, sondern auch aus unserem Bulli. Die Fähre verlässt in der Nacht um 1 den Hafen. Es wird langsam dunkel, Peer Putzt und streicht das Haus in Turbo tempo, während ich mit weinendem Kind im strömenden Regen an der Werkstatt stehe und versuche den Bulli zu verkaufen. Alle Mann am Ende unserer Kräfte und den Tränen nahe.

Nachdem der Schritt geschafft ist -die Uhr tickt- Geht es ans Auto packen. Wir sind ab jetzt mit einem winzigen Seat Ibiza unterwegs. Müssen unser Hab und Gut innerhalb weniger Stunden zu einem Bruchteil minimieren.
Was würdest du einpacken, wenn dein ganzes Leben plötzlich in einen Kleinwagen passen müsste?

29.11.2022

Verwanschaftsbesuch – Marathon
Der Grund warum es uns vor unserer nächsten großen Reise nochmal nach Deutschland verschlagen hat: Verwandschaftsbesuche, alte Freunde nochmal treffen. Damit alle unsere Tochter kennen lernen können und wir Abschied nehmen können. Wer weiß, wann man sich wieder sieht.
Der Versuch, alte Wunden und Beziehungen zu heilen ist leider nicht immer mit Erfolg gekrönt. Manchmal wirkt es eher wie Salz in der Wunde.
Aber es ist ein ganz besonderes Gefühl, nach einer so erfahungsreichen Zeit wieder zurück in die vertrauten Gefilde zu kommen. An manchen Orten passt es einfach nicht mehr. Es zwickt und klemmt, als wäre man rausgewachsen aus der Jacke, die einen einst so warm gehalten hat. An anderen Orten wiederum schließt man Menschen in den Arm, die man seit dem Kindergarten kennt, und es ist, als wäre man nie weg gewesen, einfach Zuhause.
Danke für die schönen Momente und die Gastfreundschaft, auf die wir dieses Mal so unverhofft angewiesen waren.


Ich kann es immer noch nicht ganz fassen, was wir jetzt für einen Schritt machen. Wir haben unser Hab und Gut mittlerweile auf drei Rucksäcke minimiert, Luna hat ihren wohl verdienten Altersruhesitz bei meiner Mama eingenommen, wo sie nicht mehr so viel Action und mehr Komfort und Beständigkeit genießt. Das was sie jetzt braucht. Trotzdem ist es ganz schön hart , sie zurück zu lassen, besonders Peer und Luna macht die Trennung zu schaffen. Die Beiden haben so viele Jahre Freud und Leid geteilt und haben gemeinsam Europa durchwandert, eine wundervolle Bindung, die ich so noch nie erlebt habe zwischen Hund & Herrchen. Trotzdem das beste für alle, denn was jetzt auf uns zu kommt ist zu heftig für die betagte Hundedame.